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Plutoniumtransport heute

 

    Die Castor-Behälter    Transportrisiken    Wenn die Stiftung transportiert

 

So macht man es heute:

 

In Europa gibt es zwei Wiederaufbereitungsanlagen für Atommüll. La Hague in Frankreich und Sellafield in England. Hauptverladehafen für den Überseetransport ist der Hafen Le Havre, Frankreich. Aufbereitet werden dort vor allem abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken, die wiederverwendbar gemacht werden. Sie heißen dann MOX-Elemente und enthalten waffenfähiges Plutonium. Aber auch strahlender Schrott aus technischen Anlagen wird dort aufbereitet und zur allgemeinen Verschrottung fertig gemacht.

Die Castor-Behälter werden durch die britische Reederei "Pacific Nuclear Transport Limited (PNTL) transportiert.

Die PNTL-Flotte umfasst aktuell 3 Transporter mit 20 bis 24 Castoren Ladekapazität: die "Pacific Sandpiper" (Baujahr 1985); die "Pacific Pintail", Baujahr 1987 und die "Pacific Heron", Baujahr 2008.  Die Schiffe sind etwa 104 Meter lang und 16/17 Meter breit. Die letzten beiden Schiffe sind mit 30 mm Maschinenkanonen bewaffnet. Dazu kommt ein RoRo-Frachter, die "Atlantic Osprey", Baufahr 1986. Die Geschwindigkeiten liegen bei 12 bis 16 Knoten.

Die Schiffe der Pacific Nuclear Transport Ltd (PNTL) und werden bereedert von der britischen Agentur Fisher § sons.

Die PNTL wiederum gehört der Britisch Nuclear Fuels Ltd und der französischen Nuklaer-Gruppe COGEMAR, sie ist vernetzt mit ORC (Overseas Reprocessind Comitte), dem Verbund der sieben japanischen privaten Atomkraftwerksbetreiber.

Die Schiffe verfügen über eine doppelte Hülle, ausgelegt als Tanks und Kollisionsschutzzone. Die Laderäume sind flutbar als Teil der Feuerlöschanlage. Bei leeren Außentanks kann das Schiff mit allen gefluteten Laderäumen weiter fahren, es wird als "unsinkbar" bezeichnet. Jeder Fachmann weiß dass es keine unsinkbaren Schiffe gibt. Wenn man es richtig anstellt schickt man jedes Schiff auf den Meeresgrund. Die Schiffe verfügen über eine Ersatzgeneratoreinheit vorn unabhängig vom Maschinenraum achtern und eine redundante Doppelschrauben- und Doppelruderanlage sowie über Bugstrahlruder.  Dazu eine redundante Navigations- und Radarausrüstung samt Wetternavigation. Das entspricht dem Stand der Technik nach IMO-Norm.

Hier sehen wir die "Pacific Pintail" mit Kapazität für 24 Castoren. Die Laderäume enthalten blau eingezeichnet Ventilatoranlagen zur Luftkühlung der Räume mit Luftumwälzung über die Deckshäuser zwischen den Ladeluken nach außen. Die Castor-Behälter stehen quer im Schiff in Wiegen, die sie aufnehmen. Die längsten messen 6,12 m.  Rechnet man die benötigte Laderaumbreite hinzu ist die doppelte Bordwand ca. 2,3 - 3 Meter breit. Berechnet man die kinetische Wucht eines großen Tankers oder Bulkers, der das Schiff mit voller Fahrt rammen würde, ein "very large carrier" (VLC) von sagen wir einmal 100.000 Tonnen Verdrängung, würde ein Schiff der Größe der "Pacific Pintail" dennoch in zwei Hälften teilen oder etwa zumindest zu 1/2 bis  2/3 durchschlagen je nach Auftreffstelle und Winkel. Die Eindringriefe bei "milderen" Kollisionen kann gut 5 - 6 Meter betragen. Dabei ist die Bugbirne zu sehen, über welche die meisten Schiffe heute verfügen, die mehrere Meter vorsteht und unter der Wasserlinie einschlägt. Sie ist da wabenzellenartig ausgesteift ein sehr stabiles Teil.  Die neue "Pacific Heron" ist fast baugleich mit der "Pacific Pintail" nach Aussehen und Aufteilung. Sie hat allerdings auf dem Wetterdeck einen 1 Deck hohen Trunkaufbau mit darauf hochgesetzten Luken und anstelle der seitlichen Rettungsboote achtern ein Freifall-Rettungsboot. Dazu einen weiteren Notstromgenerator in einem Schutzhaus auf dem Trunk vor den Deckshaus achtern. Das Deckshaus ist dadurch etwas geschlossener und kompakter im Erscheinungsbild. Ein Trunk ist ein kastenartiger Aufsatz auf dem Haupt- und Wetterdeck. Er wurde auf frühen Formen der Tanker eingebaut und diente als Überlauftank für die sich z.B. durch Wärme ausdehnende Ladung, sowie bei Massengutschiffen als Verstärkung des Lukensülls und der oberen tragenden Verbände. Diese Form wurde auch als "Turm-Deck" bekannt, auchr als Vermesssungstrick  benutzt, als aufgesetztes Aufbaudeck, dass nicht als Laderaum vermessen wird.

Die Castoren sind dafür ausgelegt eine Ladungswärme bis 56 kW abzuführen, sie können aussen daher um die 40 - 60 Grad warm werden. Die Laderäume werden daher recht warm und müssen sinnvollerweise gekühlt werden. Dazu dient die Luftkühlungsanlage mit Frischluftumwälzung.

Der Trunkaufbau des neuen Schiffs legt die Ladeluken ein Deck höher ohne das ganze Wetterdeck anzuheben, was aus Stabilitätsgründen vermutlich nicht ratsam wäre. Außerdem wurde das Schiff einen Meter breiter. Das lässt darauf schließen dass man der Meinung ist, höher liegende Luken sind beim Arbeiten der kleinen und niedrigen Schiffe in der See sicherer, durch die vergösserte Breite wird es stabiler (geht zugleich auf die Geschwindigkeit). Man kann auch vermuten dass diese Schiffe bei voller Ladung von 2.880 t. Castoren ohne Zubehör und leeren Seitentanks etwas steif im Seegang werden wegen der Konzentrierung des Ladungsgewichts auf die Mittellängsachse. Es kommt allerdings darauf an wie das aktuelle Ladungsgewicht zur metazentrischen Höhe und Gesamtgewichtsschwerpunkt liegt und wie über Ballastzellen nachgetrimmt wird, ob das Schiff real sich gut, (normal), steif oder rank verhält, das wissen wir nicht. Steife Schiffe mit kurzem Hebelarm rollen schneller und holen zumeist weniger weit über im Seegang, verhalten sich aber damit a-periodisch zum Seegang und können dann härter vom Seeschlag getroffen werden. Ranke Schiffe wiederum, also topplastige Fahrzeuge rollen stärker, damit ebenfalls a-periodisch bei daraus erhöhter Kentergefahr.

 

Wie wäre ein Fahrtverlauf?

 In der Nacht hat der Frachter "Pacific Pintail" im Zulieferhafen von Sellafield festgemacht, dem Hafen Barrow (Barrow-in-Furness) (es wird auch der Hafen von Workington genutzt), von  Le Havre als Zwischenstation kommend. Er kommt aus Takahama in Japan und hatte bis Le Havre eine Seereise von 6 Wochen hinter sich. Er hat einen weiten Weg von etwa 23.000 Seemeilen hinter sich, denn er ist von Japan zunächst ostwärts gefahren, dann südwärts um Neuseeland und Australien herum. Von dort ging es auf dem Großkreis nach Südafika, und dann nordwärts auf dem "Dampfertreck" via Westafrika  Er liegt unter einer grossen Verladebrücke, unter die landseitig nun ein Zug rollt.  Mit an Bord: 26 Polizisten der britischen Atom-Polizei und drei 30 mm Maschinenkanonen.  Dreimal musste das Schiff zwischenbunkern auf der Fahrt und dazu einen Hafen anlaufen. Man hatte unterwegs viel schweres Wetter, viel Wasser an Deck und fast einen Maschinenraumbrand. Eine Dieselleitung war durch die permanenten Vibrationen angebrochen. Trotz Wetternavigation traf man auf eine Kette von Tiefdruckgebieten, denen nur teilweise ausgewichen werden konnte. Man fährt ja auf der sichersten Route weitab vom normalen Schiffsverkehr.

 

Anmerkung: Transportberichte sprechen von einer Reisezeit von 6 Wochen  - mit 12 - 16 Knoten Geschwindigkeitsoption -. Würde man damit die sicherste Route fahren (fette rote Linie) wären das ca. 23.500 Seemeilen. Dazu benötigt man ohne Zwischenbunkern (mind dreimal erforderlich) bei 12 Knoten 11 Wochen, bei 14 Knoten 10 Wochen und 16 Knoten 8,7 Wochen Fahrzeit. Differenz: bei 12 Knoten ergibt das 10.090 Seemeilen, bei 14 Knoten 9.376 Seemeilen und bei 16 Knoten immerhin noch 7.296 Seemeilen. Man muss nicht auf der Karte nachmessen um daraus zu erkennen wo wirklich gefahren wird. Die Routen sind streng geheime Verschlusssachen.

Allerdings: eines der Schiffe wurde von Greenpeace-Aktivisten vor der Schleuse von Colon, Panamakanal, geentert, als es an der Pier festgemacht hatte und auf die Schleusung wartete. Greenpeace wies damit öffentlich auf die einfache Enterbarbkeit der Schiffe durch Piraten und Terroristen trotz Sicherheitswache an Bord hin. Daraus wurde bekannt, dass die Schiffe auch die Engstellen der Seeschifffahrtsrouten befahren. Inzwischen gibt es Transporte nicht nur zwischen Japan und Europa, sondern auch nach Amerika und in Europa.

 

Nun liegt das Schiff unter der Kranbrücke, die Luken werden geöffnet, man sieht auf die Castor-Behälter, die jeweils paarweise neben- und mit Zwischendeck übereinander in den Luken stehen. Die Luken haben die üblichen Stahldeckel als Wetterdecksluken, wie sie jeder Frachter hat. Auffällig im Raum und anders als bei anderen Frachtern sind nur die großen Lüftergebläse, mit denen die warme Luft im Raum abgesaugt und nach außen geblasen wird. Der Kran fasst an, hebt den ersten Castor aus dem Schiff, der hoch über dem Schiff schwebt und dann auf den Zug abgesetzt wird. Dann wird das Schiff mit neuen Castoren beladen. Die Polizei sichert das Gelände ab, Polizeiboote und Marinetaucher sind im Wasser und sichern das Schiff; oder auch nicht.

Den Schiffen sieht man äußerlich nicht an was sie fahren, das wissen nur die Eingeweihten. Unscheinbarkeit ist Teil der Sicherheit und Tarnung, denn einem wirklichen Überfall professioneller Terroristen hätten die Schiffe wenig entgehen zu setzen. Der blaue Anstrich mit dem gelben Band wie die Schornsteinmarke lassen sie auch aus der Entfernung völlig zwischen den schwarzen, weißen, roten, blauen und grünen Rümpfen der meisten anderen Schiffe verschwinden wie zwischen jenen, auf deren Seite mächtige Logos aufgemalt sind. Auch das fehlende  Ladegeschirr weist auf Container-Feederschiffe hin, die leer und damit hoch aus dem Wasser liegend unterwegs sind. Die Unscheinbarkeit ist also nahezu perfekt. Die Fotos der Schiffe sind jedoch bekannt und publiziert. Jeder kann sie kennen, nur wer schaut da schon hin? Der "Fachmann" erkennt sie sicher, wo er sie sieht. Die Schiffe fahren teils innerhalb, teils außerhalb der festen Seeschifffahrtsrouten, der Theorie nach zumindest weitgehend außerhalb aus Sicherheitsgründen, zumal diese Transporte wegen der exorbitanten Prämien nur gering versichert sind, das Havarierisiko trägt wie immer der Steuerzahler. Auch das macht Atomstrom billig. Natürlich ist es erst recht unauffällig, wenn ein Schiff heute weit außerhalb der Routen fährt. Es ist extrem schwer zu finden, wenn man kein Long-Range Radar und keinen Zugang zu Satellitenbildern hat und keinen Hinweis, wo man suchen könnte. Ansonsten würde ein schlichter Fischdampfer genügen, denn wenn er auf Gründen fischt auf denen sonst keiner Route fährt oder er auf der Durchreise ist und er dann etwas findet, was kein Fisch ist, wäre das der reine Zufall?

 

Die weltweiten Fahrten wurden erforderlich, seit 1996 eine Explosion im Kühlkreislauf des schnellen Brüters in Monjou, Japan erfolgte. Der Reaktor fiel damit aus. Damit  fiel auch die japanische Wiederaufbereitung von Brennelementen aus. Diese Aufgabe übernahmen fortan La Hague und Sellafield. Seither laufen regelmäßig die Transporte, vornehmlich auf den Südruoten um Kap Horn und um Südafrika, Australien und Neuseeland wird verkündet, aber auch durch die Karibik, den Panama-Kanal und die Malakka-Strait, also die dichtbefahrendsten sicherheitskritischsten Seewege überhaupt, und inzwischen im ganzen europäischen Raum samt Ostsee und Mittelmeer. Schon 2004 beruhigten die Behörden die Bevölkerung von Panama und lobten die außerordentlich hohen Sicherheitsstandards der Transporte (Quelle: Latein Amerika Nachrichten, Ausg. 431, Mai 2010). Ich denke, beim Suez-Kanal sollte man solche Fragen nicht stellen.

Asien ist "Boomtown" für die Atomwirtschaft. Es ist vorgesehen, die Kraftwerksleistungen drastisch heraufzufahren. Japan möchte die Leistung von 40.000 auf 100.000 Megawatt im Jahre 2030 ausbauen. An der Warkasa-Bucht stehen bereits auf einer Länge von 60 Km 15 Atomanlagen. Das Handels- und Industrieministerium "MITI" annoncierte 40 neue Anlagen als erforderlich. In Südkorea erzeugen 10 Anlagen ca. 50 % des Stroms des Landes. Man möchte gern weitere Anlagen bauen, auch exportieren (Standard-Atommeiler) und eine Wiederaufbereitungsanlage erstellen. Thailand, Indonesien und Vietnam sind interessiert bzw. werden beworben.

China möchte gern bis 350.000 Megawatt Stromleistung atomar erzeugen, dafür wären 350 bis 400 Reaktoren erforderlich. Das ist zu teuer, aber es gibt "Sonderangebote" für "Einheits-Standard-Reaktoren". In diesem Markt engagiert sind in der Hauptsache FRAMATOME (Frankreich); Mitsubishi, Japan; Westinghouse, England/USA; KEPCO, Süd Korea. Stichwort für Asien ist die "unabhängige Energieversorgung".

Die Kraftwerke liegen in erheblichen Zahlen in Taifunzonen wie in Erdbebengebieten und der besonders gefährlichen Subduction-Zonen der Tiefseegräben und der intensiven Plattentektonik, stehen also unter Tsunami-Gefahr.

Was kaum bekannt ist: In Murmansk, in Vladivostok und anderen Marinestützpunkten verrotten erhebliche Teile der Flotte der ehemaligen Sowjetunion, darin auch deren Atomanlagen und Schiffsreaktoren. Der Fall "Kursk" ist sicher noch erinnerlich. Auch hier besteht erheblicher Entsorgungsbedarf.

Als Zwischen- und  Endlager in Europa sind zugelassen: Sellafield, England; La Hague, Frankreich; und Gorleben, sowie Ahaus, Deutschland. Letztere in Deutschland stehen in erheblichem Zweifel insbesondere nach den Vorgängen um das Lager Asse. Weitere Kurzzeit- und Abkling-Zwischenlager befinden sich im Bereich der Kraftwerke. Für die Restlagerung der Abfälle aus Sellafield und La Hague ist allein Gorleben zugelassen, und dessen Zulassung steht inzwischen in erheblichen geologisch-technischen, damit bergrechtlichem Zweifel. Bekannt wurde aus neuer Forschung, dass Salzstöcke doch nicht geeignet sind als Endlagerstätten, da die Reststrahlung das Salz chemisch zersetzt, porös macht und damit dem Eindringen von Wasser den Weg bereitet mit der Folge der Option der Aufheizung der eingelagerten Ware bis um 1.500  C, was die Zersetzung des Salzstockes weiter beschleunigen müsste. Es bestünde daraus die Gefahr der bis zur Oberfläche durchgreifenden Rissbildung, aus denen Ausgasungen und Kontaminationen möglich werden wie das Eindrigen dann auch des Oberflächenwassers. Während weltweit die Frage der Verwendung von Salz als Endlagerstätte in Neuprüfung bis Aussetzung ist will Deutschland nicht nur dabei bleiben sondern weiterhin die europaweit gesammelten Abfälle unrückholbar im Salz endlagern.

Auch über die Häfen von Cuxhafen,  Bremen und Hamburg verlaufen Seetransportlinien mit radioaktiven Abfällen. Bei Baggerarbeiten zur Elbevertiefung bei Kehdingen fand man im Sediment Transurane, Fallout von Plutonium und Americium, charakterischer Fallout aus Ableitungen der Wiederaufbereitungsanlagen von La Hague und Sellafield, wie die Kreisgruppe des B.U.N.D. im Mai 20120 berichtet hat. Allein in Bremen wurden im Jahr 2007 163 Transporte mit Brennelementen, spaltbaren Kernbrennstoffen und kontaminierten Gegenständen und Schrott durch die Senatsverwaltung verzeichnet, im Durchtransport auch nach Niedersachsen.   

Inzwischen werden auch radioaktive Stoffe in Glaskokillen eingeschlossen gefahren. Glaskokillen dürfen nicht nass werden da das sonst chemische sehr schädliche Reaktionen unter der Strahlung auslöst. Trocken sind die ein offenbar brauchbares Transportmittel. Solche Transporte laufen auch in Europa, z.B. nach Vlissingen zum dortigen  Zwischenlager COVRA.

 

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 Rev. Nr. 000.00  06.06.2010