Die Seewirtschaft

 

Sichere Seeverbindungen und die qualifizierte Nothilfe im Schadensfall sind wesentlich für die Weltwirtschaft und alle Nationen. Sie sind substantiell. In der heutigen Zeit ist gerade die Nothilfe und technische Assistenz eine Sache für professionelle Tätigkeit und Qualifikation, so die Versicherungswirtschaft (Münchener Rück als führender Rückversicherer). Es geht um Milliardenwerte und viele Menschenleben hochqualifizierter Fachleute, die teuer ausgebildet wurden, (zumeist), und um "gute Kunden", die man in einer Notlage "nicht im Regen stehen lassen kann", will man den eigenen Ruf und Konkurs nicht riskieren. Darüber hinaus sind hier gesetzliche Pflichten zu erfüllen nach nationalem Gesetz wie internationalem Vertragsrecht. Es ist im vitalem Interesse des innersten Kerns des wirtschaftlichen Seins, hier die erforderliche Sicherung vorzuhalten, zu gewährleisten und sicherzustellen. Das ist teuer und übersteigt die Haushaltsrahmen der bisher befassten Organisationen, Staaten und Institutionen weit. Es ist also sehr zweckmäßig, internationales Kapital "einzufangen" und zu aktivieren, hier aktiv werden zu lassen. Das können und dürfen nach Gesetz nur privatrechtliche Institutionen, die entsprechende Projekt- und Finanzvorhaben durchführen dürfen gegenüber den gesetzlichen Verboten für öffentlich-rechtliche Institutionen.

Hier kommt der Staat ohne das private Engagement seiner Bürger schon aus rechtlichen Gründen nicht aus, er ist darauf zwingend unabdingbar angewiesen.

 

Der Welthandel hat sich seit 2001/2003 (Golf-Krieg und SARS) mit einem Wachstum um 4 % und bis 9 % (Entwicklungsländer) wieder erholt und ist aus Wachstumskurs. Besonders expandiert der Bereich Fernost/China und Indien. Allgemein werden etwa 95 % des interkontinentalen Warenverkehrs und 62 % des innereuropäischen Handelsvolumens über See verfrachtet und abgewickelt, das sind 5,84 Milliarden Tonnen (Stand 2003) (IWF/WHO, Jahresbericht des Flottenkommandos der Bundesmarine 2004). 28 % davon (1,65 Mrd. Tonnen) entfallen auf den Transport von Rohöl, diese Menge deckt 37 % des Primärenergiebedarfs weitweit. Besonders rohstoffarme Staaten sind davon bis über 60 % abhängig. Die Abhängigkeit der Staaten in der Versorgung mit Energie, Rohstoffen wie Gebrauchsgütern, Lebensmitteln etc. pp, über See ist ein Politikum von existenzieller Grundsatzbedeutung.

Die Welthandelsflotte wuchs seit 1990 kontinuierlich um 2,1 %. Sie umfasste 2003 (über 300 BRZ, nach WTO) 39.665 Schiffe mit einer Tragfähigkeit von 840,4 Millionen dwt, das bedeutet einen Mittelwert von 21.187 dwt je Schiff. Dazu kommt eine erheblich größere Zahl an kleineren Einheiten.

 

Die Unfallstatistik besagt, dass jährlich zwischen 3-4 % dieser Flotte Hilfe benötigen und Seenotfälle werden. Das sind bis etwa 1.580 Fälle je Jahr oder weltweit etwa 4,4 Fälle je Tag. Um 250 bis 300 davon sinken und verschwinden spurlos. Siehe dazu das Thema "Monsterwellen".

 

Würde wie geplant die Stiftungsflotte mit 50 S.A.R.-Rettungseinheiten weltweit tätig, entfielen auf jedes dieser Schiffe rein statistisch 31,6 Hilfeleistungen und Seenotfälle im Jahr, also etwa alle 11,2 Tage ein Einsatz. Da für Einsätze nach der Planung der Stiftung nach Strecke wie Umständen zwischen 2 bis 6 Tagen Einsatzzeit  im Mittel anzusetzen wären kann zuzüglich Übungen und Wartungsintervallen davon ausgangen werden, dass die Flotte voll ausgelastet wäre und noch vergrößert werden könnte. Der "Flying-Doctor-Service" und andere Dienstleistungen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Ebenso wenig die Einsätze für UNHCR/UNICEF und im Katastrophenschutzdienst. Ebenfalls nicht berücksichtigt sind die Unfälle kleinerer Schiffe unter 300 BRZ, ein mehrfaches dieser Zahlen. Dieses wird etwas abgemildert dadurch, dass die kleinen Schiffe eher küstennah verkehren und daher auch eher von den bestehenden Seenotorganisationen und Systemen bis zur Grenze von 300 Km bedient werden können, sodass sich die Stiftungsflotte auf die Seeschiffe der Welthandelsflotte konzentrieren kann. Wer glaubt, die lokalen Dienste und Bergungsfirmen würden wesentlich durch die Stiftungseinheiten reduziert oder ersetzt, der irrt gewaltig.

 

Interessant ist, dass seit Beginn der systematischen Seeunfall-Aufzeichnungen ab etwa 1890 der relative Prozentanteil der Unfälle am Flottenvolumen konstant geblieben ist, Kriegszeiten nicht bewertet. Sehr geändert haben sich jedoch die Arten der Unfälle und die Schwere der Schäden, der Schadensfolgen und der betroffenen Werte. Noch bis in die sechziger Jahre lag das mittlere Volumen eines Frachters bei um 4-5.000 dwt, die Obergrenze um 10-12.000 dwt, große Passagierliner ausgenommen. Die mittlere Geschwindigkeit  lag bei 12-14 Knoten. Schnelle Schiffe um 20 Knoten, große Passagierliner mit Geschwindigkeiten darüber gab es ebenfalls, aber nicht sehr häufig. Die Bergungsschlepper waren seinerzeit etwa 14-16 Knoten schnell mit einer Maschinenleistung bis um 4.000 Ps und einem Zug am Pfahl bis um 35 Tonnen. Die Suez-Krise löste eine sprunghafte Vergrößerung der Schiffe aus, insbesondere der Tankerflotte - Stichwort Onassis - da der Verkehr nun um Südafrika geleitet werden musste, die Reisegeschwindigkeit stieg auf etwa 16 Knoten. Sehr bald folgten die ersten "Supertanker" bis Größen um 500.000 dwt ("Batillus", "Bellamaya", "Globtik Tokyo" und andere). Die Leistung der Schlepper stieg zunächst auf etwa 10.000 Ps und Zugleistungen um 60/80Tonnen an, dann schnell weiter bis auf heute um 120 bis 250 Tonnen Zug am Pfahl bei Maschinenleistungen bis um 25.000 kW und Einsatzgeschwindigkeiten zwischen 16 bis 22 Knoten. Heute wird die Obergrenze von der Bremslast der Winden, der Bruchlast der Drähte, vor allem aber von deren Durchmesser und Gewicht bestimmt. Da gibt es Obergrenzen der Handhabbarkeiten. Ein langer Schleppdraht (2.500 bis heute 3.000Meter Länge) von 9 1/4 Zoll kann um 500 Tonnen wiegen. Diese Anlagen sind ausgelegt, auch bei schwerem Wetter ein Schiff mit 500.000 dwt vollbeladen bei 3 Knoten Fahrt gegen den Wind zu drehen, zu halten und zu schleppen als Versicherungs- und Normpflicht.

 

Früher waren die häufigsten Unfallursachen Sturm, Strandung bei Landannäherung (, schlechtes Wetter, Unsichtigkeit bis Navigationsfehler), übergehende Ladungen und Brände, hier teilweise Selbstentzüdungen der Ladung, Kammerbrände (man hatte noch Petroleumlampen) und Brände in Kohlebunkern nach Kohlestaubexplosionen. Dazu kamen gerade bei Revierfahrt und bei schlechtem Wetter Kollisionen. Bis zur breiten Einführung des Radars in die zivile Seefahrt in den fünfziger und sechziger Jahren fuhr man nach optischer Sicht und nach allein astronomischer Triangulation, unterstützt im Revier von Leuchtfeuer- und Seezeichenpeilungen.  Hatte man bedeckten Himmel und unsichtiges Wetter konnte man keine Messungen vornehmen und die Position lediglich schätzen.

Heute hat man durch Radar und GPS eine fast narrensichere Standortbestimmung und Sicht. Dennoch kommt es weiter zu Unfällen und Strandungen. So einfach ist die Sache dennoch wohl nicht. Wie früher auch ist der Faktor menschliches Versagen und Alkohol auf der Brücke eine Thema, ein gewichtiges dazu. Ca. 70 % der Unfälle gehen auch auf menschliches Versagen zurück. Missdeutungen der Ausweichregeln tragen dazu bei. Immer wieder kollidieren Schiffe trotz Radar und bester Sicht aus dem einfachen Grund, man verschätzt sich in Distanz und Geschwindigkeit sowie Annäherungswinkeln (man denkt, das geht noch), die auch im Radar unter 3 ° Annäherung schwierig zu beurteilen sind, und einer verschläft die Sache ganz und gar, weil er den Autopiloten fahren lässt, mal eben Kaffee holen ist oder auf dem Klo sitzt, einen Funkanruf entgegen nimmt oder das Tagebuch schreibt, und dann wird hektisch ausgewichen in letzter Sekunde, und dann zur falschen Seite, weil keiner mehr weiß, der wenn nun im Manöver der letzten Sekunde durchhalten und ausweichen muss. Beide weichen dann aus wie es sich gehört. Dann kracht es sicher. Heute fahren gerade auf Billigflaggenschiffen, aber nicht nur dort, Patentinhaber mit Sondererlaubnissen, also oft nicht hinreichend qualifiziert, es gibt Sprachprobleme. In einem russischen Hafen gab es vor laufender Kamera eines Reporterteams einmal im laufenden Anlegemanöver Streit zwischen Kapitän und seinem Ersten um das richtige Leinenmanöver mit dem Erfolg, dass das Schiff gegen die Kaimauer bumste. Auch dann bekam man es noch nicht fest, weil die Deckscrew die Befehle nicht verstand. Da fragen sich dann der Fachmann wie der Laie, wie man das Schiff überhaupt irgendwo hinbekommen hat. Der Lotse sprach übrigens russisch und kein Englisch, die Besatzung kein russisch. Aber man hat ja Hände und Füße zum zeigen. Da geht immer irgend etwas.  Diese Schiffe sind oft schlecht gewartet, die Navigationensanlagen funktionieren nicht selten fehlerhaft bis gar nicht mehr. Aber sie sind gut in Farbe gehalten und sehen proper aus, auch wenn der Rest vor sich hin rostet. Bis Platten von 25 mm durchgerostet sind, da vergeht einige Zeit. Das sieht nicht schön aus, aber dafür wird man nicht bezahlt. Gerade alte Schiffe, die abgeschrieben sind, fahren noch richtiges Geld ein in Boom-Zeiten, wenn der Frachtraum knapp wird. Nicht immer hat man die richtige Seekarte dabei. So etwas kostet Geld. Es sollen schon Kapitäne mit Schulatlanten navigiert haben. Das hätte es früher so wohl eher selten gegeben, als eine strenge Patentordnung mit qualifizierter nautischer und technischer Ausbildung noch Pflicht war und die Besatzung größer. Übermüdung auf der Brücke ist heute ein ebenso großes Unfallrisiko.

Mit den neuen Vorschriften der Hafenstaatskontrollen der EU wird das schärfer kontrolliert, schlimme Schiffe werden an die Kette gelegt bis zur Reparatur - wenn dann der Reeder nicht bezahlen will hat das Amt ein Schiff zuviel, das es wieder irgendwie los werden muss nach der Amtsaufbewahrungsfrist - oder erhalten Fahrverbote. Es gibt Reedereien, die sind über die Korrespondenzreederei der Korrespondenzreederei mit Briefkasten irgendwo im Steuerparadies verschachtelt als Beteiligungsgesellschaften noch dazu eigentlich ga rnicht auffindbar. Es gibt Schiffe, auf denen monatelang die Heuer nicht bezahlt wurde, die nicht mehr ausliefen und deren Besatzungen von der örtlichen Sozialhilfe oder dem Roten Kreuz verköstigt werden musste. Da wird natürlich auch nichts mehr gepflegt und Instand gehalten. Diese Schiffe fahren im Wortsinn, bis sie auseinander fallen und als Versicherungsfall untergehen, beladen mit wertvollen Kisten (möglichst). Würde man genauer hinsehen wäre da vielleicht Eisenschrott drin. Es gab Fälle des Versicherungsbetruges mit Schiffsversenkungen und Toten auf See sowie Verurteilungen. Da hätte man wohl nicht so gern, wenn die Retter kommen, den Schrotthaufen über Wasser halten und in den Nothafen pumpen als Bergungsfall nach L.o.F. Es gibt viele sehr gute und neue Seeschiffe. Es gibt eine Situation, die so ist, dass man, würde man den TÜV der Autos zugrunde legen, etliche Schiffe hat, die nicht mehr fahren dürften. Die Wirtschaft hätte dann wohl teilweise ein Transportproblem.

Das ganze ist auch ein Armutsproblem. Wenn der Markt die dafür kostendeckenden Preise nicht mehr hergibt und vielfach Subunternehmen gerade mit ungeschultem Billigpersonal "aushelfen", wie soben als Problem bei der DHL bekannt geworden ist, kann auch der Sicherheitsstandard nicht mehr aufrecht gehalten werden, die Zahl der Unfälle und Verschmutzungen wird also zunehmen.

Mit den neuen Berufen in der Seefahrt zur Besatzungsverkleinerung der Dualausbildung Deck/Maschine kann es heute vorkommen, dass gerade noch einer auf der Brücke ist, wenn die Restcrew in der Maschine repariert. Wenn dann plötzlich irgend etwas los ist und er vier Hände benötigt hat er ein Problem.

Die Ladungsgefahren haben gewaltig zugenommen, und immer größere Schiffe fahren in Flachwasserzonen, wo sie wegen der physikalischen Effekte kaum noch manövrier- und steuerfähig sind. Die Schiffe reagieren dann nicht mehr auf Kommandos und Ausweichbefehle. Gibt es einen Störfall (Blackout, Ruderausfall etc. pp.) sitzt man schneller im Gegenkommer oder auf der Böschung als man denken kann.

 

Seeschlag hat man deutlich unterschätzt, siehe das Thema "Monsterwellen". Er gewinnt eine neue Dimension bei großen Schiffen, die nicht mehr wie früher die kleineren zwischen den Wellen lagen und drüberweg fahren konnten wie die Enten, sondern die auf mehreren Wellenzügen liegen und gerade durchfahren müssen. Man glaubte anfangs, die lägen dann besonders ruhig in der See. Alles falsch. Die rollen auch zum Gotterbarmen und stampfen gehörig. Das weiß jeder, der mal Supertanker fuhr.  Vor allem wirken dort die Seeschlagkräfte besonders nachhaltig und stark, da die Schiffsmasse nicht nachgiebig genug ist wie bei kleinen Schiffen. Da ist dann mal eben die Vorpiek und die halbe Back weg bis zum vordern Tankschott, oder das Schiff bricht durch.  

Das ist nur ein kleiner Ausriss aus den Unfallmöglichkeiten auf See.

 

Noch abschließend ein Blick auf die größten Handelsflotten:   

Total alle Gruppen:  

Griechenland, Japan, Norwegen, Deutschland, China

Tanker:

Griechenland, Japan, USA, Norwegen, Singapore

Bulk-Carrier:  

Griechenland, Japan, China, (ehem. Hong Kong), Korea.

Containerschiffe:  

Deutschland, Japan, Griechenland, Dänemark, Taiwan.

General Cargo:  

Norwegen, Japan, China, Deutschland, Griechenland.

Passagierschiffe;

USA, Griechenland, Japan, Italien, Norwegen

 

Schifffahrt bedeutet Schiffbau, und Schiffbau bedeutet Zulieferung an Ausrüstung, Antriebsanlagen, siehe Kraftwerksbau, Ausstattung, Innovation, neue Materialien und Verfahren, Forschung und Lehre, Patente und Lizenzen. Viele Menschen sind in dieser Branche beschäftigt. Früher waren es noch viel mehr.

 

 

Wer sich tiefer informieren möchte:

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Seehandelsgesetz VR China

FAZ.net-"Containerschiffe werden größer"       

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