Neue Gedenkstätte in Braunschweig
Morgen, am 23.06.2010 um 11 Uhr erhält Braunschweig eine neue Gedenkstätte. Gedacht wird der Bücherverbrennung durch die Nazis 1933 vor dem damaligen Schloss, als wertvolle Bestände der Bibibliothek der Universtitätsbibliothek dort verbrannt wurden als Fanal der Auslöschung unliebsamen Wissens. Einige Tage zuvor hatte bereits eine erste Verbrennung vor der Geschäftsstelle der SPD "beim Schloss um die Ecke" sozusagen stattgefunden, in der Bücher und Kunst unliebsamer Künstler und politische Texte verbrannt wurden.
Unser Mentor Dieter Orth, der selbst einige Angehörige aus seinem Familienkreis in Auschwitz in den Gaskammern verlor, machte sowohl die politische Opposition im Rat wie die Stadtverwaltung nachdrücklich darauf aufmerksam, dass in der Stadt, die als "Reichsweihestätte" (2) des NS-Regimes von besonderem Rang ausgewiesen ist, eine Gedenkstätte für die Bücherverbrennung fehlt. Er rügte auch die Gedenkstätte der NAZI-Opfer in der Stadt, die einige KZ-Außenstellen enthielt, von denen etliche in Vergessenheit gerieten wie die zugehörigen Massengräber. Die Opposition regierte nicht, zumindest nicht ausreichend, die CDU nahm sich der Sache als Stifter an, so der damalige Kenntnisstand, und morgen also wird die Anregung in die Tat umgesetzt. Den Festakt vollzieht der Oberbürgermeister der Stadt, Dr. Gert Hoffmann, ehemals Mitglied der NPD, also der Überlebenden und Nachfahren derer, die diese Verbrennungen durchführten. Er hat sich ja davon losgesagt. Ich nehme an, der Landesverband der NPD wird diesen Festakt nicht bejubeln. Herr Orth ist nicht geladen, am Festakt teilzunehmen. Er zählt wie ich auch zu den "displaced persons" in dieser Stadt, die formell weggelegt sind und "deren Scheisse man sich nicht anhören wolle". Welcher Makel haftet uns an? Wir haben Schadensersatzansprüche und vertreten deswegen die abweichende Meinung. Das ist nicht erwünscht.
Die Hauptgedenkstätte der NS-Opfer in dieser Stadt möchte ich Ihnen ebenfalls vorstellen. Es ist die "Gedenkstätte Schillstraße". Es gab eine ganze Reihe von KZ-Aussenlagern, so das Aussenlager Kälberwiese, Schützenplatz u.a.m. In der Gedenkstätte sind eigentlich 3 Mahnmale zusammengefasst. Die Grabstätte des Major Ferdinand von Schill (1837) und einiger seiner Offiziere, der wegen eines Aufstandes gegen die napoleonische Besatzung hingerichtet wurde. Das Grabmahl wurde 1955 neu geweiht als Gedächtnisstätte der gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs. Im Jahr 2000 wurde diese Gedenkstätte um die Gedenkstätte für die KZ-Opfer ergänzt.
Hier einige Bilder
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Der Eingang zur Gedenkstätte. Rechts am Rand das "Invalidenhäuschen", in dem sich die Dokumentation zur Gedenkstätte befindet.
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Hier im Vordergrund das Garbmahl des Majors von Schill, zugleich Kriegsgräberdenkmal für die gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs. Im Hintergrund die Gedenkmauer mit den Tafeln für die KZ-Opfer. Rechts zwischen den Bäumen ist der dreistufige Gedenkpodest Künstlerin Sigrid Sigurdsson.
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Ein Ausschnitt aus den Gedenktafeln, auf denen die Geschichte des Außenlagers und des Umgangs mit den Opfern in Braunschweig berichtet wird. Es handelt sich um bedruckte Metalltafeln, wie sich für Verkehrsschilder verwendet werden. Sichwer wegen der Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit der Schilder.
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Eine weitere Übersicht über die Gedenkwand. Inzwischen dürfte der Efeubewuchs alls Tafeln wirkungsvoll unschlossen haben. Links ein Ausschnitt des Gedenkpodests als Mahnmal. Der Papierkorb steht als Symbol des Willens der Stadt, eine "saubere, ordentliche und aufgeräumte Stadt" zu sein. Sie erhielt dafür offenen Beifall auch von Seiten, die sicher nicht erwartet waren. Zitat:
Ordnung und Sauberkeit! Sonntag, 26. August 07
Was passiert, wenn die NPD
regiert? Muß jemand Angst haben, wer darf sich freuen?
Wer das Gefühl
erleben will, geht einfach mal nach Braunschweig. Dort führt Kamerad Hoffmann
das Zepter und sorgt für Ordnung und Sauberkeit. Das mag sich Hoffmann als
ehemaliges führendes NPD-Mitglied schon damals auf die Fahnen geschrieben haben.
Nun haben in Braunschweig Schmutzfinken nichts mehr zu lachen. Für den täglichen
Vandalismus gibt es in der Löwenstadt jetzt ordentliche Bußgelder. Selbstverständlich legt
npd-niedersachsen.de Wert auf die Feststellung, daß OB Hoffmann kein
Nationaldemokrat mehr ist und nach der knappen Wahlniederlage 1969 von der NPD
völlig uneigennützig zur CDU gewechselt ist, wo er dann auch gleich mit den
entsprechenden Posten belohnt wurde. Außerdem sei darauf hingewiesen, das hat
Hoffmann vielleicht in den Jahren verdrängt, daß nach nationaldemokratischer
Auffassung in einer wiederbelebten Volksgemeinschaft der Sinn für das Ganze
wieder so gestärkt wird, daß es eine moralische Selbstverständlichkeit wird, all
die Dinge zu unterlassen, die der Bürgermeister jetzt in den Bußgeldkatalog
aufgenommen hat.
Insofern hat man nun in Braunschweig auch nur eine
knappe Ahnung, wie es aussehen wird, wenn die NPD regiert. Aber saubere Straßen
sind immerhin ein Anfang.
Es ist bisher nicht bekannt, ob sich Dr. Hoffmann von dieser Vereinnahmung öffentlich distanziert und diese untersagt hat. Ich habe zumindest keine diese belegende Quelle finden können.
Distanziert hat er sich allerdings von seiher ehemaligen Mitgliedschaft in seiner autorisierten aktuellen Vitae der Stadt Braunschweig. Hier finden Sie als Ergänzung die ungekürzte Vitae von Wikipedia. Dazu die Vitae der Stadt Braunschweig, zusammengefasst alte Fassung und neue Fassung.
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Hier die Dokumentationsstätte im "Invalidenhäschen", bestechend in seiner schlichten Eleganz, die auf das Wesentliche des Gedenkens konzentriert.
Dr. Hoffmann hat sich um die Stadt verdient gemacht, da er sie mit dem größten Bauprojekt der jüngesten Stadtgeschichte, den ECE-Schlossarkaden und der Reprik der herzoglichen Schlosses, von dem leider nur die Hauptfassade und zwei Seitenflügel rekonstruiert werden konnten, der Rest bis zur Eingangstür des Eingangsfoyers ist Kaufhalle. Spötter nennen das Schloss daher auch "das Vorhängeschloss". Real ist es eine vorgehängte Fassade mit einigen Nebenräumen, die von der Kommune für die öffentliche Bücherei, einen Veranstaltungsraum und ein kleines Museum genutzt werden. Das ist jedoch in Teilen noch nicht vollendet weil das Geld fehlt. Es soll noch gesponsert werden. Der Gedanke des Wiederaufbaus ist nicht ganz neu. Ursprünglich war ein überregionales Kulturzentrum geplant, vgl. die Planung für den Wiederaufbau des Stadtschlosses in Berlin. Das ließ sich jedoch nicht umsetzen. Erfolgreich war der Wiederaufbaugedanke erst im Zusammenhang mit der Gründung der Schloss-Arkaden. Aber auch hier brauchte es eines gewissen Geschicks, denn die Kosten von 30 Mio. € für dien Wiederaufbau in Teilen war in der Bauplanung der Arkaden nicht vorhanden. Nur dem Geschick des OB ist es zu Danken dass die Replik gelang, in der auch etliche Teile der noch vorhandenen Originalreste wiederverwendet werden konnten. Damit konnte der höfische Glanz der Stadt als herzogliche Residenzstadt wieder erstrahlen und das Weichbild der Stadt bereichern, als würdiger und die Seele erhebender Rahmen für den Einkauf der alltäglichen Lebensnotwendigkeiten, wie sie in den Arkaden feilgeboten werden. Es ist eben etwas anderes, ob man durch die Drehtür eines Kaufhauses marschiert oder durch den Portikus eines Residenzschlosses schreitet, um seine Socken und Unterhosen zum Aktionspreis zu erwerben, und nebenbei noch ein paar Svarovski-Steine dazu legen kann. Das muss einem einfach 30 Millionen € Wert sein. In der Kommunalbilanz wirkt sich das segensreich aus, denn da das ECE-Center überwiegend bundesweit gestreute Filialketten mit festen Umsätzen beherbergt, die es zwar in der Stadt zuvor auch schon gab, die aber nun in einer würdigen Atmosphäre residieren, besteht ein "gefestigtes Gewerbesteueraufkommen" (soweit es hier anfällt) aus diesem Projekt.
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Die Großbaustelle der ECE-Schlossarkaden, links am Straßenbogen der Block mit der Fassade als Betonkern mit aufgesetzter Steinverfliesung. Rechts und links die Seitenflügel, dier der kommunalen Nutzung dienen wie die Oberetagen mit dem Veranstaltungsraum "Roter Saal" für kleine Kunast- und Konzertveranstaltungen.
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Das Residenzschloss noch ohne Quadriga
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Die Krönung des Schlosses jedoch ist ein Superlativ, die Quadriga. So als neu.
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So sieht sie heute aus.
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Etwa so wird sie in absehbarer Zeit erstrahlen.
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Angeglichen die für Braunschweig reitenden Herzöge.
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Die CDU war begeistert.
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Ebenso die FDP.
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Auch die SPD konnte sich nach erstem Zögern dem diskreten Charme der Quadriga nicht verschließen.
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Das wäre das grüne Naturprodukt gewesen, sehr attraktiv, massive Eiche, zeitgenössisch umweltverträglich bemalt, aber aus ideologischen Gründen nicht realisierbar.
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Die Kritik der Restopposition blieb eher farblos.
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Das bisherige Wahrzeichen der Stadt, der Löwe, ebenfalls ein Superlativ bei der Aufstellung im 12. Jahrhundert, damals blattvergoldet, wurde damit auf Platz 2 gestellt.
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Schon weil das eher bürgerliche Ambiente so schön es ist mit einer Sache nicht konkurrieren kann:
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Die Herzöge reiten für Braunschweig.
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Wer das klassische Hofzeremoniell kennt, der weiß, dass der schlichte Bürger um Audienz bitten muss, und um eine solche erhalten zu können bedarf es einiger vorbereitender Vorkehrungen, um wahrgenommen und akzeptiert zu werden.
Es kann allerdings auch anders kommen:
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Mit dem Schadensfall hat die Vorsehung, das Schicksal oder was immer es sein mag dem Oberbürgermeister die Rolle zuerkannt, ein noch größeres Denkmal zu setzen. Die Stiftung.
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Stimmt´s?
Rev. Nr. 000/00-22-06.2010